13iciebreclito eitun g Der Sippe Siebreck-1 HERAUSGEGEBEN VON HANS ALEXAN:DER SIEBRECHT WERKLEHRER A.D. KASSEL • ADOLFSTRASSE 17 Nr. 27 FEBRUAR 1962 Die Geschichte der Bukarester Siebrechts DipI. Nig. Fritz Siebrecht • Renshelm/Bergstraße Gewidmet in Ehrfurcht dem Andenken meiner Ahnen, In liebe den Kommenden zur nützlichen Betrachtung. Vorwort: Eigentlich beseelle mich vorerst nur der Wunsch, die in Meinbrexen erst sein 1640 Kirchenbücher geführt werden, so- bewegte und für die Nachkommen so interessante, aber auch daß über Geburten, Taufen, Eheschließungen und Todesfälle vor folgenschwere Lebensgeschichte des nach Bukarest ausgewan- dieser Zeit keine Angaben vorliegen. Auch sind die Berufe in derten Ca r 1 G e o rg S i e b r e c h t zu schreiben. Erstens wollte den ältesten Kirchenbüchern nicht immer angegeben, außer: ich sie damit endlich der Vergessenheit entreißen, denn sie ist Müller, Schulmeister, Förster. es wert. Zweitens sollten die längst verklungenen Ereignisse den Auf Grund einer Meinbrexer Brandkatasterliste aus dem Jahre Enkeln zum Denkmal werden für ehrfurchtsvolle, weise und lehr- 1772 kann man allerdings Schlüsse auf den Besitzstand und reiche Betrachtungen. die Beschäftigung ziehen. Neben dem Hauseigentümer und dem Die Beschäftigung mit der Sammlung des Stoffes legte den vorhergehenden Besitzer, der Hausnummer welche heute noch reizvollen Gedanken nahe, auch über das Leben seiner Kinder ihre Gültigkeit hat — sieht hier noch: Halbspännerhof oder zu berichten, und schließlich konnte es der Vollständigkeit nur Brinksitzer oder Erbmühle u. a. m. (Siehe Fam.-Ztg. Nr.4, Seite nützlich sein, euch die Ahnen der Bukarester Siebrechts kurz 14) zu erwähnen. Die Siebrechts scheinen der Mütterei besonders ergeben gewe- So umfaßt meine Arbeit die drei Teile: sen sein, denn erstaunlich ist die große Zahl der Mühlen, in denen Siebrechts als Müller tätig waren.(Siehe Fam.-Ztg. Nr 18, A.) Die Ahnen. Seite 74— Die Müller der Sippe Siebrecht) B.) Ca r I Georg S i e b r e c h t s Lebensgeschichte Doch zurück zu den Ahnen. Bei Johanthonis Sohn Thias, tritt C.) Das Leben seiner Nachkommen. der Name Siebrecht zum ersten Mal auf. Und da außerdem aus- drücklich dabei steht: "aus der Niedmöhlen" muß doch sein Ich erwähne besonders dankbar die Unterstützung unseres so Vater auch Siebrecht gehießen haben. verdienstvollen Familienforschers Hans Alexander Siebrecht- Wenn hinter dem Vornamen Johanthoni der Zuname fehlt und Kassel und meines Vetters Ing. Willy Siebrecht - Kippenheim- nur der Hausname: "Sieckendicke" oder „Sieckendüke angege- Baden, ben wurde, so ist das damit zu erklären, daß die Akten von Ohne deren Vorarbeiten wäre mein Unternehmen in dem ge- Leistungen handeln, dem Lehnsherrn Statz von Münchhausen wünschten Umfange und der notwendigen Gründlichkeit nicht gegenüber. Diese Leistungen lagen immer auf dem Hause, dem möglich gewesen. Gebäude und nicht auf der Person. Wenn endlich das dritte Kapitel in einigen Fällen eine um- Es kann also wohl mit Bestimmtheit angenommen werden, daß fassendere Würdigung vermissen läßt, dann lag es an den Un- Johanthoni den Familiennamen Siebrecht trug und seine Kinder terlagen, die dem Verfasser zur Verfügung standen, bezw. ge- Henrich, Thias, Agnes und Jürgen waren, der als Jüngster die stellt wurden. Bornelsmühle erbte und in dessen gerader Geschlechterfolge sie Niedergeschrieben in Bad-Wimpfen, im Währungsmonat 1948. bis auf den heutigen Tag in Siebrechfschem Familienbesitz auch Vollendet in Bensheim a, d. B. Ostern 1950. blieb. (Siehe Fam.-Ztg. Nr.8, Einlage-Stammtafel II. 1-4) 11.)Jiirgen S., Müller in der Niedmühle, auch Bornelsmühle genannt, A.) Die Ahnen heiratete am 10.111.1644 in Meinbrexen die Eva Maria Keyser. Er starb an einem Bauchschnitt in Meinbrexen am 22. VII. 1652. - 114 - Johann Friedrich 5., Pächter der herrschaftlichen Domäne und Rhumemühle in Northeim-Hannover, geb. am 4.11.1762 in Bovenden bei Göttingen. Er heiratete am 12.1 1794 in Northeim mit 32 Jahren die 19 jährige Jungfer Sophie Dorothea Jacobine Cramer, geb. am 22.5.1775 in Hammenstedt -Northeim, als Tochter des dortigen Pfarrers Joh. Christian Cramer und seiner Eheliebsten Philipgine Elise Klingsöhr. Joh. Friedrich 5. starb mit 51 Jahren am 29_V 1813 in Northeim. Seine Frau Sophie S. heiratete zwei Jahre speiter mit 40 Jahren den Oekonom Georg Otto Wilhelm Karl Freter am 15. V. 1815 in Moringen, woselbst sie mit 53 Jahren cm 9. X. 1828 starb. VII1Georg Adolf S., geb. 23. IX.1800 in Northeim. Er studierte Medizin in Göttingen. Das Rektorat der Georg-August-Universität in Göttinger-) gibt am 21, IV. 1950 folgende Angaben über sein Studium: "Auf Ihr Schreiben vom 6.111.1950 teilen wir Ihnen mit, daß Georg Adolf Siebrechi vom Sommersemester 1818 bis einschließlich Sommersemester 1821 an der Universität Göttingen als Student der Medizin immatrikuliert war." Die wörtliche Matrikel Eintragung lautet: 25.111.1818 Adolph Siebrecht. Vaterland: Hannover,Studium: Medizin, Vater: Müller Siebrecht in Northeim. Uber seine Doktorpromotion sowie über belegte und gehörte Vorlesungen usw. ist im Universitäts-Archiv leider nichts festzustellen. Mit 25 Jahren heiratete Georg Adolf S. als Doktor med. am 19. VII. 1825 in Northeim die gleichaltrige Henriette Dorothea, gen. Dorette Sophie, geb. Unterberg, geb. am 11. X. 1800 in Northeim als Tochter des Brauers und Kaufmannes Joh. Christoph Unterberg und seiner Eheliebsten Dorothea Caroline, geb. Rühe und ließ sich in Uslar-Solling in der Langen-Straße als praktischer Arzt nieder. Schon noch 10 Jahren glücklichster Ehe, in der 2 Knaben und 3 Mädchen geboren wurden, erlag Dr. Georg Adolf S. am 13. 111.1835 in Uslar einem Nierenschaden. Die erst 35 jährige Witwe hatte durch den frühen Verlust von Kindern und einem Enkel ein Leben voll des Kummers. Trotzdem erreichte sie das hohe Alter von 84 Jahren. Sie starb am 18. VII.1884 in Hameln-Weser. VIII.) Carl Georg Adolf S., dessen Lebensgeschichte in dem folgenden Kapitel: B. ausführlich geschildert wird_ B.) Carl Georg Siebrechts Lebensgeschichte Motto: "Fie paineo cat de rea, tot mai binei in tora mea." (Rumänisches Sprichwort) zu deutsch: Möge das Brot auch noch so schlecht sein, in meinem Vaterlande lebt es sich doch besser. Unser noch Bukarest eingewanderte Großvater Carl 5. wurde am 1. 3. 1832 in Uslor-Sofling nach 7 jähriger Ehe des Dr. med. Georg Adolf S. und seiner Ehefrau Darette, geb. Unterberg, als viertes, von fünf Kindern und als älterer der beiden Brüder, geboren. Als sein Vater 1835 im 35. Lebensjahre starb, war Carl 5. erst 3 Jahre alt. Carls Mutter hatte nicht mehr geheiratet, der heranwachsende Knabe hat demnach nie einen Vater als Erzieher besessen. Trotz der frühen Witwenschaft kannte die Mutter den intelligenten Jungen studieren lassen. Mit 16 Jahren ging er auf die Universität Göttingen, um Mathematik zu studieren.Er war Corpsbruder bei der „Hildesia" und auch Freiheitskämpfer von 1848. Die wörtliche Matrikeleintragung der Georg-August-Universität-Göttingen lautet: „21.4. 1852 Nr. 88 Carl Georg Adolph Siebrecht-Vormünderin: Doctorin Siebrecht, Nordheim-Vaterland: Hannover-Studium: Math." Uber abgelegte Examen, sowie über seine Zugehörigkeit zu dem Corps Hildesio, ist aus den Archivakten leider nichts festzustellen. Ein Pfeifenkopf aus der Göttinger Studentenzeit befindet sich noch im ererbten Besitz des Verfassers. Zirkel und die Farben Schwarz-Rot-Gold, der "Hildesia" sind darauf zu sehen. Aus dem letzten Brief Carl Siebrechts Sohn, des Ingenieurs Ernst S. den dieser vor seinem Tode aus Bukarest an seinen Sohn Ing. Willy S. am 17.4.1934 richtete, entnehme ich: "Nach seinem Studium ging er nach England und wurde bei der Firma Claiton & Shutleworth in Lincoln im Maschinenbau ausgebildet. Danach wurde er in die Filiale der Firma nach Wien versetzt und später nach Bukarest, woselbst er die erste Dampfmaschine einführte. Auch wurden von Carl 5. Spiritusbrennereien und andere Fabriken in Rumänien eingerichlel. Er war beratender Inoenieur beim Bürgermeisteramt Bukarest und der dortigen Gewerbeschule (später „Scoala de Poduri si Sosele-Ecole des Ponds et Choussees", aus der 1919 die Bukarester Tech. Hochschule entstand.) War auch Offizier der Bürgermiliz." 1861 ließ sich Carl S. von seiner Mutter, der Doktorin in Uslar 500 Taler Gold geben, wahrscheinlich um eine Fabrik für landwirtschaftliche Maschinen und Reparaturwerkstatt außerhalb Das Evangelische Pfarramt Das junge Paar lebte zunächst draußen auf dem "Carnpul Mosilor". Der Ehe entsprangen folgende Kinder: 1. Caroline, '16.3.1863 Bukarest t einige Stunden später 2. Adolph Friedrich Andreas, *5.4,1864 Bukarest, t 22. 4. 1934 8e1 3. Friedrich Wilhelm Heinrich, '1.10 1865 Bukoe., t 27. 11.1919 9 B 4, Therese Karoline, 23.6.1867 Bukar., t KönigsberguD•Oksrte i j:r. 5. Dorothea Marie, 1 0. 4. 1869 Bukar., t 31. 1. 1956 LetmatheSiegerland 6. Marie Wilhelmine Luise, '22. 11. 1870 Bukar., 1- 28. 2.1945 Erfurt 7. Emilie Henriette Alwine, • 6. 8.1872 Bukar., gef. 5.6. 19u1r8t Migaewo-Odessa 8. Karl, • 8.1. 1875 Bukar., t 8.2. 1875 Bukar., an Keuchhusten 9. Ernst Georg Karl, *9.6.1876 Bukar. 1-18.8.1934 Bukarest 10. Mathilde Pauline, *8.10.1878 Bukar., t 10.7.1942 Darmstadt 11. Otto, *Nov.1879 Buker., t 25.12.1882 Bukar. an Bräune Der Vater Carl 5. muß noch seiner hohen Stirn zu urteilen, ein sehr intelligenter und begabter Mann gewesen sein. Er hatte e=n reiches Wissen in der Insekten- und Pflanzenkunde und eben:, 3 über die Sternenwelt, das er an seine ältesten Söhne Adolf und Fritz vererbte. Im Hause selbst muß ein hohes geistiges Niveau neherrscht haben. Nur so ist es zu erklärere daß er seinen Kindern, Knaben wie Mädchen, unterstützt durch Hauslehrer, viel von seinem Wissen vermitteln konnte. Hierin ergänzte ihn auf ihre Art die junge Gattin mit ihrem klaren, aufgeschlossenen Leid unverst?ubten Geist. In auffallendem, beneidenswerten Maße haben sich die geistigen Fähigkeiten, des in den Lebensjahren so stark entfernten Elternpaares, auf alle Kinder, allerdings in verschiedener Richtung vererbt. Altem Anschein nach muß unser Großvater in den ersten Ehejahren über viel Geld verfügt haben, zweifellos auf Grund seiner Tüchtigkeit und der gui gehenden Geschäfte. Von der Tüchtigkeit des Ing. Carl Siebrecht zeugen eine Anzahl, bei Ing. Willy 5. in Kippenheim noch heute erhaltene authentische Gutachtenschreiben. In das junge, wohlgefügte Familienleben, in diesem stattlichen, auf breiter, solider Beeis errichteten Eigenheim und Fabrikbetrieb, trat ein Ereignis ein, welches der Keim für die dann später eintretende Katastrophe wurde. Hierzu schrieb der älteste Sohn Adolf in seinen Aufzeichnungen: ".... Vater reiste in eigenem Gefährt viel auf dem Lande umher. Zu jener Zeit, kurz nach Vaters Verheiratung gärte es stark unter dem Bauernvolk. Es wollte das drückende Joch, das Großgrundbesitzer und Pächter ihm auferlegt hatten, wieder einmal - wie später 1888 und 1906 in den Bauernunruhen - von sich werfen. Die Bauern zogen von Gutshof zu Gutshof, raubten, mordeten, plünderten. Da begegnete solch einem Bauernhaufen mein Vater, der in seinem von vier Pferden gezogenen — 115 — Schlitten gerade wieder auf einer Geschäfsfahrt begriffen war. Sie hielten das Gefährt an, bedrohten den Kutscher, rissen Vater, den sie für einen der verhaßten Bojaren oder Präfekten hielten, aus dem Schlitten, schlugen mit Knüppeln solange auf seinem Kopf ein, bis sie ihn für tot hielten. Dann ließen sie von ihm ab. Inzwischen waren die Pferde durch den Tumult scheu geworden, die sie haltenden Bauern wurden niedergerannt, und erst in einem entfernten Dorfe konnten sie wieder angehalten werden. Der im Schlitten befindliche Kutscher war mit dem bloßen Schrecken davon gekommen, Vater erzählte später, er sei in der Wohnung einer Darfschullehrerin wieder zur Besinnung gekommen, die ihn zu sich genommen hatte und so gut es eben ging, gelabt und verbunden hatte. in behutsamer Fahrt, auf hohes Stroh gebettet, wurde Vater nach Hause gefahren. Unser armes Mütterchen war auf das furchtbarste erschreckt, als Vater in solchem Zustand heim kam. Es vergingen Monate bis ihn die Ärzte wieder auf seine Beine brachten. Außer mehreren Schädelbrüchen, hatte Vater euch noch fost sämtliche Glieder seiner Finger gebrochen. Die Bauern hatten, als er seine Hände schützend auf den Kopf gelegt hatte, unbarmherzig weiter darauf losgeschlagen. Papa wurde gesund, anscheinend wenigstens, aber es muß unbedingt sein Gehirn durch jene Mißhandlung etwelche Verletzungen davon getragen haben. Denn nur so konnten wir Geschwister uns später, als wir größer waren, manche Handlung und seine später offenbar werdende Nervenstörung erklären Geschäftliche Mißgriffe waren die Folge, dazu kam eine Reihe von Mißernten, sodaß die Landwirte weder neue Maschinen kaufen, noch die gekauften bezahlen konnten. Der folgenschwerste der Mißgriffe war wohl der ganz und gar übereilte, keinenfalls reiflich überdachte Verkauf nicht nur des, allerdings heruntergekommenen Geschäftes, sondern auch des wertvollen, geräumigen Wohnhauses mit anschließendem Fabrikgebäude, großem Hof und Garten in der Calea Mosilor für eine kläglich geringe Summe von Lei 80 000 an die Familie Cziriak, Mein Taufpate, es war der Buchhändler Ernst Gräve, Vater eng befreundet, ein begüteter, angesehener Junggeselle, eilte zu Vater, als er von dem bereits vollzogenen Verkauf erfuhr. „Um Gottes Willen, Carl, was hast du getan?!", rief er aus, eis er überzeugt war, daß der Handel nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Schon einige Jahre vorher war Vater, der Trost und Vergessen für seine geschäftlichen und die damit verbundenen Geldsorgen suchte, allmählich in die Fänge des Dämons Alkohol, der Tuica, geraten. Unser liebes, gutes Mütterchen, um das wir neun Kinder, wie eine Schar verängstigter Kückleies zu Haufen scharten, machten furchtbare Zeiten mit. Einer nach dem anderen mußte allmählich die Schule verlassen. Therese übernahm mit Mütterchen die Besorgung des großen Haushaltes, es war kein Geld da, um eine Magd zu bezahlen. Wir zogen in eine nahe Mietwohnung uni, Strada Nissipar Nr. 3 (1882). Vor Weihnachten erkrankte Otto, unser Jüngster an Krupp (Diphterie), damaliger "Würgeengel" der Kinder, und am zweiten Weihnachtstage lag er aufgebahrt unter dem Weih nachtsbaum. Aber für Mütterchen und acht Geschwister ging das Leben weiter. Dora besuchte die höhere Töchterschule zu Ende, gab Privatunterricht und wurde später Lehrerin an der englischen Missionsschule in Bukarest. Als dann einige Jahre später erst Marie und Milli der Schule entwachsen waren, wollten auch sie etwas arbeiten und verdienen. Da saßen die Beiden oft bis Mitternacht an ihren Nähmaschinen und säumten Taschentücher für einen Großhändler. Der Verdienst war gering, aber er schützte vor Not. Mehr konnte man vom Leben nicht verlangen. Als ich im Herbst 1890 aus Passau als Reservist heimkam, fand ich das Verhältnis zwischen Vater und den anderen Familienmitgliedern weit schlimmer, als ich befürchte! hatte_ Vater hatte auf demselben Hof in der Strada Nissipar Nr. 3 ein gesondertes Zimmer, beobachtete argwöhnisch alles Tun und Lassen der Seinen, gab sorgfältig darauf acht, daß er nicht vergiftet wurde, ging mit geladenem Revolver in der Tasche herum,da die Seinen angeblich ihm nach dem Leben trachteten u s. w. Die. mehrfachen Versuche des unserer Familie sehr angetanen Pfarrers Teutschläncier, Vaters Gesinnung und Handeln zu ändern, blieben leider erfolglos. Zu Dämon Alkohol gesellte sich dann ani Schluß ein anderer, viel schlimmerer, das Morphium. Ein Apotheker Bruhs, Vetter des Hofaeothekers Bruhs in der Calea Victoriei, der selber Morphinist war, machte Vater dieses Gift zugänglich, und so geschah es 1893 im juni,daß eines Tages die Ture seiner Sonderwohnung geschlossen blieb und sich auch bis Mittag nicht öffnete. Do Vater sich auch auf unser Klopfen und Rufen hin nicht meldete, gingen Fritz und ich zur Polizei und baten um Offnung der Tür. Wir fanden Vater auf seinem Bette sitzend, zurückgesunken, leblos. Auf dem Tische lag der geladene Revolver, stand eine Flasche Zyankali, offenbar von dem Apotheker stammend, der schon einige Monate vorher seiner Morphium-Leidenschaft erlegen war. Aber die ärztliche Untersuchung und die anschließende Obduktion fanden keinerlei Spuren eines Selbstmordes. Die Behörde stellte Syncopa Cordiaca — Herzschlag — fest. Was unser teures Mütterchen in jener Zeit durchgemacht hat, dafür gibt es keine Worte. Als ganz junges Wesen, 16 jährig, hatte sie geheiratet, dann kamen die Kinder, elf an der Zahl, eines nach dem anderen. Acht davon konnte sie groß und erwachsen sehen, und bei all dem drückenden Seelischen und sonstiger Not konnte sie den Kopf hoch behielten in dem Bewußtsein, daß alle acht Kinder gut geraten, gute Schüler waren und sich alle als Erwachsene ebenso wie Muttchen selbst, in der deutschen Kolonie und darüber hinaus, allgemeiner Achtung erfreuten. Todesanzeige Die trauernden Hinterbliebenen geben hiermit allen Verwandten und Freunden die traurige Nachricht von dem Hinscheiden ihres innigstgeiiebten Gatten und Vaters Carl Siebrecht geb. den 1. März 1832 zu Uslar (Provinz Hannover) welcher plötzlich, gestern den 30. Juni vormittags infolge eines Herzschlages seine irdische Laufbahn beschloß. Die Beerdigung findet morgen Sonnabend, den 2. Juli nach- mittags 3 Uhr von der Kapelle des evang. Friedhofes aus statt. Um stille Teilnahme wird gebeten. - Bukarest den 1. Juli 1892. Carl Georg S. gehörte zu den "Unbedingten", zu jenen, die keine Konzessionen machten, bedingt auch vielleicht durch seine norddeutsche Herkunft. Er heiratete nicht unter seinem Stande, wie manch anderer, in seiner Zeit eingewanderter Deutscher es aus diesem oder jenem Grunde tat. Er lebte als bewußter Deutscher, der mit den Jahren um kein Jota abwich von seiner deutschen Gesinnung und Art. Ein Beispiel von vielen; Zu seinen Kunden unter den Bojaren zählten auch die zeitweiligen Ministerpräsidenten Joan J. Bratianu, Petre Carp, Titu Majorescu. Einer von diesen hatte einmal beim geschäftlichen Besuch die beiden Söhne Adolf und Fritz auf dem Schoß. "Herr Siebrecht, schon um der Zukunft dieser Kinder willen, sollten Sie rumänischer Staatsbürger werden!" Sein "Nein" bestimmte Freud und Leid in seinem und seiner Nachkommen Leben, bis zur Rückwanderung auch des letzten seines Stammes. In diesem Geiste wuchsen seine Kinder auf und wählten alle nur Ehepartner deutschen Blutes und erzogen auch ihre Kinder wieder ganz im Geiste des Großvaters Carl Siebrecht. Und nun noch einige würdigende Worte über meine Großmutter Caroline S. Sie ist mir in Erinnerung als gütige, feine Dame. Sie lebte nach Auflösung ihres Haushaltes abwechselnd bei ihren in Erfurt, dann Apolda, in Rußland und Bukarest verheirateten Kindern. Es zeugt von ihrer maßvollen Klugheit und ihrem feinen Taktgefühl, daß sie sich auch bei ihren Schwiegertöchtern wohl fühlte und diese sie hoch achteten und verehrten. Für uns Kinder hatte sie immer ein freundliches Wort. In der letzten Zeit war sie altersschwach und hilfsbedürftig geworden. Ein Hirnschlag beendete dieses Menschenleben, so reich an Prüfungen, Leid und Freude. Sie starb plötzlich am 31.12.1915 in Bukarest, im Hause ihres Sohnes Adolf, kurz vor der Sylvester-Feier und wurde 2 Tage später auf dem neuen Friedhof der Evangelischen Gemeinde im Einzelgrab beigesetzt.. Im dritten Teil der Bukarester Familiengeschichte folgen die Lebensgeschichten der Nachkommen Carl Georg Siebrechts und seiner Ehefrau Mathilde Caroline, geb. Touch. Familiennachrichten Das Fest der Silbernen Hochzeit begingen- DiphIng.Fritz Siebrecht und Frau Edith, geb. Haase, Bensheim — Bergstr., den 27.11.62. Buchhalter Günther Siebrecht und Frau Elly, geb. Scheuer zeigen die Geburt ihres dritten Sohnes Berthold an. Gelsenkirchen, den 15. XII. 1961. Elektrornstr. N o rb er t Siebrec Fit und Frau Margre t, geb. Borgmann, wurde am 29.9.1961 ihr drittes Kind Michael geboren. Die beiden Schwestern Barbara u. Ulrike freuen sich mit den Eltern über das kleine Brüderchen. Essen-Stoppenberg. Ihre Verlobung geben bekannt: Luise Müller — Johann Siebrecht Popkenhöge, Krs. Wesermarsch — Bredenbeck, Krs. Stade, Weihnachten 1961. Marlies Siebrecht — Leonhard Block, Bosseborn. Anneliese Siebrecht — Ludwig Löhr, 21. 1. 1962.